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Erfahrungen aus meinem Praktikum beim UNHCR in Sudan

Erfahrungen aus meinem Praktikum beim UNHCR in Sudan

30 Januar 2018
Außenansicht des UNHCR-Büros in Khartum, Sudan. © Julius Klöckner

Ich bin Julius, 22 Jahre alt, und habe einen Bachelor in Europawissenschaften (European Studies) der Universität Maastricht. Da mein Bachelor viele unterschiedliche akademische Disziplinen und Themenfelder umfasst, von Politikwissenschaften, Volkswirtschaftslehre bis hin zu Jura, wollte ich erst einmal praktische Erfahrungen sammeln, bevor ich mich für meinen Master entscheide und mich spezialisiere. Die Themen Migration und Flucht haben mich schon während meines Studiums besonders interessiert. Die aktuelle Diskussion hierzu ist nicht nur in Deutschland äußerst kontrovers. Die Bedeutung dieser Themen für die Zukunft unserer Generation wird noch zunehmen. Mit einem Praktikum wollte ich, wenn möglich, herausfinden, wie die Situation vor Ort, dort wo Flucht und Migration beginnen, tatsächlich ist.

Über Bekannte in Khartum habe ich den direkten Kontakt zum dortigen UNHCR-Head Office hergestellt und andere NGOs direkt kontaktiert. Die UNHCR-Mitarbeiter vor Ort haben sich über meine Bewerbung und mein Interesse sehr gefreut und mir unkompliziert zugesagt. Arbeit gibt es in solchen Kontexten für Praktikanten immer genug. Visa, Unterkunft und Versicherung musste ich allerdings selbst regeln, und leider kann UNHCR wie viele anderen UN-Organisationen Praktikanten auch kein Gehalt oder Aufwandsentschädigung zahlen. An meinem ersten Tag wurde ich der „Protection“ Abteilung zugeteilt, die sich mit Flüchtlingsschutz und rechtlichen Fragen im Sudan auseinandersetzt. In der „Protection Unit“ gibt es mehrere Unterabteilungen, von „Child Protection“, Umsiedlung bis hin zu Staatenlosigkeit und Binnenvertriebene im Sudan. Ich kam in die kleine „Counter-Trafficking“ Abteilung, die in Khartum aus zwei Personen besteht und sich mit „Mixed Migration“ und Menschenhandel in der Region beschäftigt. Geographischer Schwerpunkt ist der Osten des Sudan, in dem die meisten Fälle von Entführungen von eritreischen und äthiopischen Flüchtlingen und Migranten stattfinden. Viele Eritreer begeben sich in die Hände von Schleusernetzwerken, um über die Grenze nach Sudan und dann nach Khartum und Libyen weiter zu kommen. Diesen Schleusern sind sie schutzlos der finanziellen und oft sexuellen Ausbeutung ausgeliefert.

Meine Arbeitseinheit hatte die Aufgabe,  Interviews und Screenings mit Neuankömmlingen in Khartum zu führen, die behaupteten, entführt worden zu sein. Ich habe der Leiterin der Arbeit bei diesen Interviews assistiert, mit denen wir herausfinden wollten, ob die Person wirklich ein Opfer von Menschenhandel wurde und welcher Hilfe von Seiten UNHCR in der Form von medizinischer/psychologischer Betreuung, finanzieller Unterstützung, Registrierung und Umsiedlung sie bedurfte. Zusammen mit einem Übersetzer, der Tigrinya, Amharisch oder Bilen sprach, haben wir beide jeden Tag um die 10 bis 15 Personen interviewt. In den meisten dieser Fälle handelte es sich um geflüchtete Frauen und Minderjährige, die schreckliche geschlechtsspezifische Gewalterfahrungen hinter sich hatten.

So sehr es für mich interessant war, mit so vielen Menschen über mehrere Monate zu sprechen, dabei viele Einblicke in die Realität der Geflüchteten und Migranten vor Ort zu bekommen und Erfahrungen mit Interviews zu sammeln, so schwierig war es doch auch immer, sich die Geschichten und schrecklichen Schicksale von Betroffenen des Menschenhandels anzuhören. Es ist eine Sache, über Menschenhandel zu lesen, aber etwas völlig anderes, eine Person zu interviewen, die Folternarben mit sich trägt, weinend und verzweifelt vor einem sitzt und dabei trotzdem noch einen klaren Kopf zu bewahren.  Mit der Zeit habe ich gelernt, wie schwierig und dennoch wichtig es ist, eine feine Linie zwischen Empathie und Professionalität zu ziehen. Eine weitere große Herausforderung war es, mit den Erwartungen von Geflüchteten und anderen Betroffenen umzugehen.  Viele von ihnen haben die Erwartung und Hoffnung nach Europa oder Australien umgesiedelt zu werden. Ich war sehr beeindruckt von den UNHCR-Mitarbeitern in Khartum, wie sie mit dieser schwierigen Situation umgingen und habe viel von ihnen gelernt. Ich habe nicht nur tiefe und bleibende Einblicke in die Situation der Geflüchteten im Sudan erhalten.  Ich habe auch großen Respekt und Bewunderung  vor der Arbeit der Internationalen Organisationen in Krisengebieten wie dem Sudan bekommen. Ich bin zudem sehr dankbar, dass ich sehr schnell in das UNHCR-Team in Khartum integriert wurde und bald mit eigenständigen Aufgaben betraut wurde.  Die in Khartum erworbenen Erfahrungen sind nicht nur sehr wertvoll für mein zukünftiges Masterstudium, sondern werden mich mit Sicherheit auch als Persönlichkeit prägen.

Alles in allem kann ich jedem nur empfehlen sich für ein Praktikum beim UNHCR zu bewerben.